Dokumentation Erfahrungsbericht Restauration Holzteile W108 280SE

  • Hallo zusammen,
    ich wollte kurz berichten wie ich in meinem W108 die kompletten Holzteile neu aufbereitet habe. Eventuell plant jemand die gleiche Aktion durchzuführen, um seinen W108 aufzuhübschen.
    Mein altes Holz war spröde, der Klarlack war teilweise rissig und an einigen Stellen war das Furnier etwas beschädigt.


    Schritt1:
    Holzleisten in den Türen, Fensterschlüssel und Armaturenbrett ausbauen.
    Die Anbauteile am Handschuhfachdekel, Aschenbecher, Zierleisten demontieren, sodass nur noch das Holz vorhanden ist.


    Schritt2:
    Die alte Farbe/Klarlack abbeizen. Hierzu habe ich Clou und Grüneck Abbeizer verwendet. Clou zuerst auftragen und die Teile in Frischhaltefolie einwickeln - 15Minuten einziehen lassen. Clou ist geleeartig und läuft nicht davon. Das verstärkt den Abbeizeffekt, der Abbeizer verfliegt nicht so schnell und zieht besser in die Farbe ein. Immer Handschuh tragen und am Besten im Freien machen. Stickt etwas und reizt Mit einem Kunststoffspachtel vorsichtig die aufgeweichte Farbe in Holzmaserrichtung abtragen. Das Ganze etwa 2-3 Mal wiederholen bis die dicke alte Farbschicht abgebeizt ist. Danach mit warmem Wasser die Reste des Abbeizers abwaschen.



    Schritt3:
    Nun den Grünneck Abbeizer auftragen und in das Holz einziehen lassen. Grüneck ist etwas wässeriger und zieht tief ein. Damit bekommt man die letzte alter Beize gut heraus. Altbeize mit einem Lappen/Tuch entfernen und danach wieder mit warmen Wasser abwaschen.
    Die Holzteile danach mit Amoniaklösung/Salmiak Geist (Mischungverhältnis auf 5 Liter etwa 200ml) abwaschen. Neutralisiert die Reste der Beize im Holz. Gut mit warmen Wasser die Holzteile abspülen. Hierzu kann man eine weiche Bürste verwenden. Achtung: Immer Schutzbrille gegen Spritzer und Atemmaske tragen und die Arbeiten im Freien ausführen. Die Amoniaklösung riecht sehr stechend und reizt die Augen und Atemwege. Teile danach gut trocknen lassen.


    Schritt4:
    Holz mit 400er Schleifpapier vorsichtig schleifen, um die sich aufgestellten Holzfasern zu glätten. Mit Druckluft abblasen. Kanten leicht glätten. Unebenheiten im Holzfurnier glätten oder mit Holzpaste im gewünschten Farbton ausgleichen.


    Schritt5:
    Das Holz nun mit dem gewünschten Farbton neu beizen. Hierzu geht z.B. Clou Beutelbeize auf Wasserbasis. Mit Pinsel auftragen, leicht in das Holz einziehen lassen und Reste mit einem Ballentuch abwischen.
    Da ich einen etwas kräftigeren Farbton haben wollte habe ich das gebeizte Holz danach noch mit einem Lasuranstrich in Kastanie 2x gestrichen. Zwischen den Anstrichen miondstens 2 Tage durchtrocknen lassen und vor dem zweiten Anstrich mit einem grauen Schleifvlies eventuelle Unebenheiten etc. glätten und die erste Farbschicht anrauhen. Zweite Lasurschicht auftragen und wieder gut durchtrocknen lassen, final mit grauen Schleifflies glätten und mit Druckluft abblasen.


    Schritt6:
    Gebeizte/lasiert Holzteile mit einem Grundierfüller lackieren. Habe mich für Hesse Lingnal Compact PUR Grund entschieden. Mischungsverhältnis 2 Teile Compact Grund und 1 Teil Härter + etwa 20% Verdünnung, um mit der Spritzpistole bei lackieren zu können. Zuerst eine dünne erste Klebeschicht spritzen, etwa 5 Minuten ablüften lassen, danach die nächste Schicht nass in nass lackieren. Etwa 3 Schichten, sodass keine Nasen laufen. Danach 2 Tage durchtrocknen lassen und mit Nassschleifpapier 400er und 800er Korn schleifen, so dass die Oberfläche möglichst glatt wird un die Orangenhaut verschwindet. Achtung, nicht zu viel abschleifen, besonders nicht an den Kanten, ansonsten wird die Farblasurschicht wieder beschädigt.
    Vorgang etwa 2-3 Mal wiederholen, bis eine möglichst glatte Oberfläche entsteht. Final mit 1000er Nassschleifpapier schleifen. Schleifreste gut entfernen und 1x mit Aceton entfetten.
    Auch hier Atemschutz, Handschuhe tragen, im Freien arbeiten. Spritzpistole gut mit Verdünnung/Aceton reinigen.


    Schritt7:
    Die Klarlackschicht lackieren mit Hesse Lignal PUR Acryl Brillantlack. Mischungverhältnis wieder 1 Teil Härter + etwa 20% Verdünnung.
    Habe dies zwei Mal wiederholt. „ Tage durchtrocknen lassen und mit einem Zwischenschliff Nassschleifpapier 1500er Körnung. Final mit 1500er Nasschleifpapier schliefen, um die letzten Unebenheiten zu beseitigen.
    Der Lack bildet eine sehr harte Oberfläche, die sich auf auch auf Hochglanz polieren lässt.


    Schritt8:
    Die Holzteile nun mit z.B. 3M Polierpaste Finess-it polieren. Hierzu zuerst mit einer Schaumstoffpolierscheibe vorpolieren. Final mit eine Flanellbaumwollscheibe auf polieren. Solange polieren bis die Oberfläche gefällt. Polierte Oberfläche mit Sidolin Glasreiniger abwischen.
    Fertig zum Einbau. Ich bin ganz zufrieden mit dem Ergebnis. Jetzt weiss ich auch warum das so teuer ist, wenn man dies professionell machen lässt.


    Dauer der Arbeiten:
    3 Wochen und einen Kasten Bier, um die Nerven zu beruhigen und die geschundenen Finger vom vielen Schleifen zu betäuben.


    Materialkosten:
    Abbeizer: 40EUR, Beize, Lasur: 25EUR, Füllgrund & Brillantlack, Härter, Verdünnung: 120EUR, Polierpaste: inkl. Poliermaterial: 100EUR. Lackierpistole, Kompressor, Atemschutz sollte vorhanden sein.


    Beste Grüsse
    Mathias

  • Hut ab,


    das hört sich so einfach an, da meint man ja sofort, das selbst auch zu können :D ... Hast Du noch ein paar Fotos, wie das Holz vorher aussah? "Beschädigung im Furnier" ist ja ein weiter Begriff ...


    Beste Grüße
    Thomas

  • Hallo,
    habe leider keine Bilder gemacht von dem Ursprungszustand der Teile, da ich erst beim Restaurieren auf den Gedanken kam ein kleine Doku parallel zu erstelllen.


    Habe bereits Erfahrung im Restaurieren von alten Röhrenradios aus den 50er/60er Jahren gemacht. Die haben ähnliches Holzfunier, welches ich genausso behandelt/gebeizt, lackiert, poliert habe.


    Grüsse
    Mathias

    • Official Post

    Hallo Matze


    Deine ausführliche und beeindruckende Dokumentation steht ja schon eine Weile im Forum.


    Dein Einverständnis vorrausgesetzt übernehme ich Deine Beitrag ins Lexikon. Ich hoffe sehr das ist für Dich in Ordnung?

  • Hallo Mathias,


    ich habe mich nun rangewagt und bin am abbeizen. Klappt bislang alles gut soweit. Irritiert hat mich am Anfang, das die Holzteile direkt nach dem Abbeizen nie so schön hell aussehen wie auf deinen Bildern. Nachdem ich es aber abgewaschen habe und sie getrocknet sind kamen sie genauso heraus. Also an alle die es noch vor sich haben – Geduld!


    Mein Vorbesitzer hatte aber leider die Idee den Fensterschluss (unten) der Frontscheibe schwarz zu lackieren... die Farbe geht aber nach langem Einwirken und dreimaligem Auftragen des Clouabbeizers dann doch runter. Aber nun habe ich gesehen warum er es lackiert hat. Das Furnier ist an drei Stellen durchgeschliffen (war vermtl. sein Versuch den er dann kaschiert hat...Depp). Die Frage ist nun, wird man das nach dem erneuten beizen noch sehen oder fällt dies nicht sonderlich auf? Was meinst du?


    Viele Grüße
    Gisbert

    Nach 200D folgt 250SE

  • Hallo zusammen, so schauts an zwei Stellen nach dem Abbeizen aus. Die Teile waren wohl nachlackiert worden. Die Frage ist in wie weit das nach erneutem neuen beizen auffällt?


    Viele Grüße


    Gisbert






    Nach 200D folgt 250SE

  • Hallo Gisbert,


    deine Frage kann ich dir leider nicht beantworten. Evtl. würde ich es mal an einem anderen nicht mehr benötigten furnierten Stück Holz testen, bei dem du das Furnier stellenweise vorher durchschleifst.
    Mich würde interessieren wie du mit den Bereichen verfährst, an denen das Furnier abgesplittert ist. Könntest du dazu was schreiben wenn du mehr weißt?


    Gruß
    Alexi

  • Servus,


    die durchgeschliffenen Stellen sieht man nach dem Beizen und lackieren definitiv.
    Bin selber noch mitten in der Holzaufbereitung und hatte auch solche Stellen.
    Man kann probieren diese Stellen mit einer Beize zu behandeln die ein bis zwei Stufen dunkler ist.
    Bei dem ausgebrochenen Holz, habe ich eine "Holzreparautrpaste" die ähnlich wie Zement ist.
    Diese kann man mit einem Spachtel verstrichen und nach der Aushärtung schleifen (gibt es auch schon in den passenen Farbtönen).
    Nur die Struktur vom Holz wird man nachher nicht mehr sehen.


    Noch ein Punkt zum Polieren der Lackschicht. Ich habe sehr gute Ergebnisse ohne Politur hinbekommen.
    Habe in ca. 8 Schichten 2k Klarlack aufgertagen. Zwischendrin immer voll austrocknen lassen, schleifen (1000 er oder 1500er Körnung)
    und dann wieder eine Schicht usw. bis man eine homgen glänzende Oberfläche hat.


    Hier Bilder von Handschuhfachdeckel und Aschenbecher:


    W108 Überholung einer Innenausstattung (Sitze, Teppich, Holz, Himmel)

  • Hallo, das mit der Holzreparaturpaste hatte ich auch vor, furnieren kann ich nicht. Danke, so probiere ich es. Ich wurde aber gewarnt vor zu viel Lackschichten auf dem Holz, das würde nach einigen Jahren in der Sonne gerne wieder aufreißen. Gibt es dazu Erfahrungen eurerseits?

    Nach 200D folgt 250SE

    • Official Post

    Hallo Gisbert


    Die durchgeschliffenen und verletzten Stellen könnte man wie folgt angehen.


    1. Spachten da, wo das Furnier komplett weg ist. Die üblichen Holzspachtel machen an Kanten eher Probleme. Ich würde da einen Poliesterspachtel mit Härter nehmen.


    2. Alles schön schleifen, 120 dann 360, dann 500er Körnung.


    3. Nach Wunsch beizen.


    4. An den gespachtelten und durchgeschliffenen Stellen hast Du nun ein anderes Erscheinungsbild.


    5. Nach dem durchtrocknen der Beize eine erste Schicht Klarlack (2K) auflegen und trocknen lassen.


    6. Dann leicht anschleifen und mit einem Schulmalkasten oder sonstigen Künstlerfarben (keine Öl Farben) sowie einem feinen Pinsel die Maserung an den gespachtelten und abweichenden Stellen nachmalen.
    Die erste Lackschicht schützt schon mal und ermöglicht Dir erste Fehlversuche abzuwischen. Für die Maserung kannst Du auch einen eingetrockneten Pinsel nehmen, den FD mit einer Schere etwas einschneidest. Geh mal isns youtube und suche nach Holzeffekt malen oder Masurieren.


    7. Nach dem malen ohne weiterses Schleifen nochmal eine Schicht Klarlack welche Du trocknen lässt. Dann fein schleifen und noch eine Schicht Klarlack. Dann schleifen bis 1000er Körnung hoch und pollieren.


    Beim lackieren von Holzteilen, die ohne beizen, oder die mit beizen oder die mit Wassertransfer beschichtet oder neu furniert waren habe ich folgende Erfahrung gemacht.


    Ob drei oder sechs Schichten ist eigentlich egal, der Lack fällt nach einiger Zeit immer zusammen weil die Lösungsmittel mehrere Monate benötigen bis diese vollständig entweichen. Deshalb kannst Du entweder das erste schöne Ergebnis nach einem Jahr wieder ausbauen und nochmal schleifen/nachlackieren, oder Du lässt es im Winter im ausgebauten Zustand ein paar Monate liegen und lackierst es dann erneut. Wenn Du anstatt Hochglanz eher Seidenmatt verwendest ist alles leichter, das verzeiht Unenenheiten mehr. Das ist Geschmacksache. Je mehr Schichten Du lackierst, um so mehr hast Du den Effekt das durch langfristig entweichende Lösungsmittel der Lack einfällt.


    Man mächte ja das neue schöne Holz möglichst schnell wieder montiert haben und im Fahrzeug bewundern. Allerdings stellt sich der von mir beschriebene Effekt garantiert ein. Ich weiss wovon ich rede. Deshalb baue ich mein wirklich sehr gelungenes, selbst neu furniertes Holz nächstes Jahr nochmal aus und lackiere erneut, was solls.

  • Hi Winfried, danke dir für die ausführliche Beschreibung, probiere ich. Wäre toll, wenn du dein Holz, wenn du es nochmals ausbaust, kurz ablichtest. So könnte man die Entwicklung sehen, quasi wo die Reise hingeht :)


    Dank dir und Grüße
    Gisbert

    Nach 200D folgt 250SE

  • Hallo Zusammen,


    nachdem mein Holz nun abgebeizt und geschliffen ist wäre ich bereit zum lackieren. Ich war aber nun bei meiner Werkstatt (ausschließlich alte Daimler) und mir wurde von der Lackierung des Holzes abgeraten. Er zeigte mir ein Coupe dessen Instrumententräger vor 10 Jahren neu aufgebaut wurde (lackiert etc.) bei dem der Lack mehrfach gerissen ist. Das Fahrzeug wird aber täglich gefahren und war damals komplett neu aufgebaut worden (300.000,–), so auch das Holz. Dann zeigte er mir auch noch eine Pagode mit lasiertem Holz, nicht glänzend und mit dem Finger die Holzmaserung fühlend. Sahr ganz anders aus aber auch schön. Ich bin verunsichert. Was meint Ihr zu der Lasur-Variante? Und hat noch jemand Erfahrung was mit lackiertem Holz nach einigen Jahren passiert?


    Viele Grüße aus Stuttgart
    Gisbert

    Nach 200D folgt 250SE

  • Hallo Gisbert,


    ich habe auch einen 250SE bei dem das Armaturenbrett und die Fensterschlüssel matt sind und die Holzmaserung sichtbar. Soweit ich weiß ist das Auto original. Ich weiß aber auch nicht bei welchen Typen die Hölzer in Hochglanz mit 'zig Lackschichten versehen wurden und ob es das beim W108 (eventuell später ab '68) gab.


    Das glänzende Holz sieht schon toll aus aber ich denke wenn ich meine Hölzer überarbeite werde ich das matt machen so wie es war. Einfach wegen des Arbeitsaufwands.


    Viele Grüße,
    Hagen
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