W115 - kein Bremsdruck

  • Hallo Forumsmitglieder,


    darf ich Euch mal um Eure Einschätzung bei folgendem Problem bitten?


    Mein W115 (200er) wurde 2011 nach ca. 20 Jahren Standzeit reaktiviert. Damals hatte ich ihn gekauft. Bis auf einen rostigen Tank war das Fahrzeug recht "Standschaden-arm".


    Seit 2015 steht der Wagen nun wieder. Den Tank und zugehörigen Teile habe ich im vergangenen Jahr ausgetauscht.


    Nun ließ er sich nur noch schwer schieben.

    Die Bremsen habe ich gängig gemacht (Beläge ausgebaut, mit einem Kolbendrücker die Kolben eingedrückt, rausgefahren, eingedrückt, rausgefahren...).

    Die Bremse war im Anschluss frei und hatte einen guten Druckpunkt.


    Dann wollte ich die Bremsflüssigkeit mit der Pedal-Pump-Methode wechseln. Beim ersten Bremssattel hat es funktioniert, bei zweiten hat sich kein Druckpunkt mehr aufgebaut, das Bremspedal geht ohne Wiederstand bis zum Bodenblech.

    Luft habe ich nach meinem Ermessen nicht in das Hydrauliksystem eingebracht. Es ist auch augenscheinlich nirgendwo undicht.


    Gibt es eventuell eine andere Ursache als einen defekten Hauptbremszylinder?


    Vorab schon einmal vielen Dank für Eure Antworten.


    Grüße aus Mainz


    Thomas

  • Hallo Hans-Werner,


    danke Dir für die Idee.


    Mein erster Weg nach einem "Sch..." war der zum Ausgleichbehälter (oder heißt das Teil am Hauptbremszylinder eher "Vorratsbehälter"?), der blöderweise noch 3/4 voll war.

    Ich würde ja Luft im System nicht gänzlich ausschließen wollen, aber wie sollte die dahingekommen sein?

    Wenn die Reihenfolge "Erst Entlüftungsschraube zu und dann Fuß von der Bremse" eingehalten wird und der Behälter oben voll ist, bleiben nach meinem Verständnis nicht so viele Möglichkeiten.


    Am neuen Hauptbremszylinder wird es aus der aktuellen Perspektive nicht vorbei gehen.


    Ich hatte etwas die Hoffnung, dass es da noch etwas gibt, was ich vielleicht übersehen habe... :/


    Grüße und noch ein schönes Wochenende


    Thomas

  • ...neuer hbz is ohnehin kein Fehler und kostet nicht die Welt. Auch wirst du nicht um das zerlegen und die sorgfältige Überholung deiner 4 Bremssättel umhin kommen.

    Viele Grüße

    Markus

    "Lohnt sich das?" fragt der Kopf.


    "Nein!" sagt das Herz, "aber es tut Dir gut!"


    www.m115.de


  • Hallo Thomas,

    Ich denke , du hast beim Entlüften zu weit „durchgetreten“ und dabei hat sich die Manschette des HBZ verabschiedet. Wir haben Früher die Manschette gewechselt und weiter ging’s…..

    das ist aber m.E. nicht mehr zeitgemäß.


    Viele Grüße Mario

  • Hallo Thomas


    wenn entlüftungsschraube zu und dann Fusspedal loslassen,müsste der Flüssigkeitsspiegel ja sinken ,

    wenn nicht ists der HBZ,ich würd alles ,Bremszylinder und HBZ überholen/tauschen,Sicherheit zuerst !


    Gruss willi

  • Hallo Mathieu, Markus, Mario, Willi,


    ich danke Euch für Eure Einschätzungen und werde dem entsprechend im ersten Schritt den Hauptbremszylinder erneuern.


    Das sich die Farbe meiner TÜV-Plakette (braun von 2016) mit blau-silber nicht verträgt, ersetzte ich den HBZ und wenn die HU erledigt ist, umgehend (inkl. Geber und Nehmer der Kupplung) den Rest.


    Was den Austausch angeht:

    In einer alten W115-Reparaturanleitung des Turm-Verlags habe ich ein Bremsenkapitel gefunden, aber gibt es das auch in der Werksliteratur?

    (In Band 1 und 2 der VDH-Nachdrucke für den Typ habe ich nichts gefunden.)


    Grüße


    Thomas

  • Hallo Sascha,


    danke für den Hinweis.


    Ich dachte, ich hätte gestern alle vorliegenden Flipbooks gesichtet.


    Jetzt dann wirklich:

    Werkstatthandbuch Personenwagen Band 1 Bremsen und Lenkungen - 379 Seiten - Mai 1971 -Typ W 107, 114/115, 116

    mit den Antworten auf alle Fragen (und noch ein paar mehr).


    Da kann fast nichts mehr schiefgehen.

    :)


    Nochmals ein Danke für Eure Unterstützung!


    Grüße und noch eine gute Woche


    Thomas


    P.S.: Und noch einen riesengroßen Dank an die Forumsmitglieder, die diese ganzen Unterlagen eingescannt haben.

    Das muss ein unglaublicher Aufwand gewesen sein.

  • an den Bremsen bitte nicht sparen, Leute......


    Ich bin mal in dummen Jugendjahren einen Sommer lang mit einer Suzuki GS 1000 BJ 78 ohne Vorderbremse rumgefahren, wenn ich heute daran denke, zieht mir immer noch eine Gänsehaut auf, hahahah


    Seitdem mache ich Bremsen immer komplett neu......

    Eine Kurve ist erst richtig gefahren, wenn die Fliegen an der Seitenscheibe picken.

    (Walter Röhrl)

  • Update:



    Man gibt ja nicht gerne zu, dass man zu bl... war, aber nach meiner aktuellen Einschätzung war das Ganze mein Fehler!


    Beim Zerlegen zur Erneuerung der HBZ-Dichtungen habe ich mir den dreikammerigen Vorratsbehälter der späten Serie von ATE (den ich leider zerstört habe - eine andere Geschichte) genauer angeschaut.


    Die hintere Kammer versorgt den Bremskreis für die Hinterräder und ist seeeehr klein (kaum ein Viertel des Gesamtvolumens).


    Und beim Auspumpen ist dieser Teil recht schnell leer.


    Leider muss beim Nachfüllen erheblich über die Max-Markierung aufgefüllt werden, damit dahinten überhaupt Bremsflüssigkeit reingerät.

    Wenn man(-n) dabei nicht genau hinschaut, wird es dumm.


    Wie auch immer, sollte die Geschichte dazu dienen, dass der Fehler nicht noch anderen passiert, weil sie das hier vorher gelesen haben, war vielleicht doch nicht alles umsonst...

    :)


    Grüße


    Thomas

  • Ergänzung:


    Ich würde gerne noch einmal eine (dumme?) Frage stellen (s.u.).


    Hintergrund:

    Ich habe mir den vom HBZ demontierten dreikammrigen Ausgleichbehälter beim Reinigen noch einmal genau angesehen.


    Es gibt innen zwei Trennwände.

    Eine zur Abgrenzung der vorderen großen Kammer (Bremskreis vorne) zur mittleren Kammer (Kupplungshydraulik).

    Und eine zweite zwischen der mittleren Kammer und der hinteren kleinen Kammer (Bremskreis hinten).


    Unterhalb der (ungleich hohen) Max-Markierungen ist kein Flüssigkeitsaustausch von einer zur anderen Kammer möglich (habe ich mit Wasserbefüllung getestet, Bilder zur Erklärung beigefügt).




    Da ich beim Bremsflüssigkeitswechsel ja erst die alte Flüssigkeit abziehen sollte: Wie macht man das denn im hinteren Bremskreis?

    An der Stelle komme ich im Normalfall selbst mit einem Schlauch nicht ran, da dort keine 5 mm Durchlass sind.

    Demontiert Ihr da üblicherweise die hintere Füllstandskontrollmimik?


    Oder mache ich einen Denkfehler?


    Da ich in den WHB's nichts dazu gefunden haben, deshalb meine Frage an die Routiniers:


    Wie wechselt man bei einem W115 mit dreikammrigem Ausgleichbehälter die Bremsflüssigkeit richtig?


    Vorab schon einmal danke für die Erleuchtung.


    Grüße aus Mainz


    Thomas

  • Hallo Thomas,


    Ich wurde leerpumpen ueber die hintere Bremszangen und dann neu nachfuellen. ggf. kann mann auch den behaelter von der Hbz abziehen und reinigen.


    Gruesse Mathieu

    Freude am fahren - Mercedes Benz

  • Hallo Thomas,


    ich habe ein Bremsentlüftergerät (Druckluft), welches am Radbremszylinder/ Bremszange angeschlossen wird. Mit Unterdruck wird entlüftet.

    Das Gerät nehme ich immer nur zum Absaugen der Behälter, da komme ich mit Gefühl auch in die Ecken.

    Hier habe ich einen dünnen Schlauch zum absaugen.


    Dann fülle ich bis zum Überlauf aller Kammern auf und presse (dann mit leichtem Überdruck) beim Entlüften neue Flüssigkeit nach. Das ist aber ein anderes Prinzip als das Gerät zum absaugen.


    Gruß

    Thorsten

  • Hallo zusammen,


    ich lese hier aufmerksam mit und lerne immer etwas neues.

    Auch wenn ich nur 124er fahre und keinen 114/115 liegt das theme Bremsenentlüfte doch über alle Baureihen.

    Bei dem Stichwort überholen von allen Bremssätteln klingelte bei mir was.

    Als meine Sättel hinten dran waren, stellte ich fest, dass am tiefsten Punkt sich Rost gebildet hat. Das kann doch nur sein, weil Wasser schwerer ist als Dot 4.

    Das heißt doch weiter gedacht, wenn ich die neue Flüssigkeit durchs System pumpe, bleibt das Wasser immer im Sattel, weil die Entlüftungsschraube oben ist. Klar, damit die Luft rauskommt. Das Wasser nicht. D.h. Sattel im angebauten Zustand befüllen und entlüften.


    Gruß Jörg

    Gruß aus dem Sauerland


    Jörg

  • Hallo Jörg,

    das Wasser wird in der Alkoholbasierten Bremsflüssigkeit gebunden und daher ausgespült.

    Das funktioniert natürlich bei möglichst neuen Verschleißkomponenten der Bremsanlage am besten da dann das Flüssigkeitsvolumen in den Bremszangen am geringsten ist.

    Gruß HaWA

  • Hallo Thomas,

    nochmals zu deiner Frage mit den "dreiteiligen Kammern des Bremsflüssigkeitsbehälters:

    Ich hab mal am Anfang meiner Karriere solche Behälter für ABS/ASR/ESP Anlagen konstruiert und da ist sehr viel Entwicklungszeit reingeflossen,um das Optimum an Funktionsfähigkeit, Machbarkeit(Herstellbarkeit) und Einbauvolumen im Fzg. zu realisieren.

    Jede Kammer ist notwendig und wird mit kleinen Löchern oder Schlitzen versehen bzw. die vordere und die hintere Hälfte dazu gertennt, damit beim Ausfall eines Kreises nicht der andere auch noch ausfällt und bei allen Fahrbedingungen und Bremsflüssigkeitsständen (MIN) nocht Sicherheit gewährleistet.

    kurz gesagt, der besagte Behälter hier ist einer von denen , die nur über die Radbremszylinder(sättel) zu entleeren sind oder über den Abbau des Behälters vom THZ, was aber keiner macht, wenn er nicht gleichzeitig 1. die Gummis ersetzen oder gleich einen neuen THZ montieren will.

    Leider ist bei dem Alter unserer Autos mit der Zeit jede Menge Schlamm im Behältergrund, der nicht immer mit der Flüssigkeit abfliesst und als graue,rostfarbiger Belag am Boden des Behälters verbleibt. >Das ist aber für die Funktion unerheblich, wenn man weiterhin alle 2-3 Jahre die BF wechselt und damit das in der BF gebundene Wasser mit rausspült, aber auch einen Teil des Abriebs etc.

    Bei langer Standzeit würde ich auch, wie oben schon empfohlen, immer die Teile erneuern und gut ist für die nächsten zehn Jahre.


    Für unsere alten Autos ist es aber immer noch am besten, diese regelmässig zu bewegen, nicht nur zur Show zum Eismann oder zum Bäcker, das nichts bringt, im Gegenteil. Ich bewege meine Fzg. immer 50 - 200km, dann wird alles ordentlich bewegt .


    viel Spass weiterhin beim Basteln und Fahren!


    ciao

    Tobias

  • Hallo Forumsmitglieder,


    nach dem vergangenen Wochenende ist mein Auto wieder am Stück.

    Da möchte ich auch das Thema schließen.


    Hallo Thomas,


    Ich wurde leerpumpen ueber die hintere Bremszangen und dann neu nachfuellen. ggf. kann mann auch den behaelter von der Hbz abziehen und reinigen.


    Gruesse Mathieu


    Hallo Mathieu,


    danke Dir für Deine Einschätzung.


    Vernachlässige ich mal den Umstand, dass ich den inneren Aufbau des Ausgleichsbehälters anfangs nicht verstanden hatte, wäre so auch mein Plan gewesen.


    Nachdem ich meinen 50 Jahre alten HBZ nun von innen gesehen habe, werde ich nicht mehr pumpen.

    Da gibt es die spiegelnden Bereiche, die beim Bremsvorgang von den Topfmanschetten überfahren werden und die anderen, die etwas matter sind.

    Das Durchpumpen erscheint mir da nicht die beste Methode zu sein.


    Hallo Thorsten,


    danke Dir für die Übermittlung Deiner Methode.

    Ich muss gestehen, die Entnahme der alten Bremsflüssigkeit schaffe ich es selbst mit einem dünnen Schläuchlein nicht. Ich komme so einfach nicht in die hintere Kammer des Behälters.


    Die Überlegung, mir ein mit Überdruck arbeitendes Gerät zu kaufen, habe ich nach YouTube-"Studium" verworfen, zumindet für die Anwendung an diesem W115-Ausgleichbehälter.


    Wenn einer der vier O-Ringe der beiden Füllstandsmimiken nicht perfekt dichtet, läuft die Bremsflüssigkeit da raus.

    Das sind zumindest meine Bedenken.




    Hallo Tobias,


    danke Dir für den aus meiner Sicht umfassenden und fundierten Beitrag.


    Da gibt es nix, was dem hinzuzufügen wäre. :)





    Dieses Wochenende habe ich es nun geschafft, meine Bremsanlage wieder zusammenzubauen.


    Die Bedingungen, die ich einhalten wollte, waren:

    • Behälter komplett leer und sauber
    • kein Auspumpen
    • keine Bremsflüssigkeitssauereien
    • Und am Ende (logischerweise) ein vollständig gefülltes und entlüftetes System

    Das mit "sauber und leer" war einfach. Es hat sich durch den Austausch des Ausgleichbehälters von selbst ergeben.


    Die Befüllung habe ich von den Bremssätteln aus mittels 200ml-Spritze erledigt.

    Das ging überraschend gut.


    Und für die Zukunft:

    Beim nächsten Wechsel entnehme ich den hinteren Füllstandsgeber, das ist ein Handgriff.

    So kann man die alte Bremsflüssigkeit abziehen und ggf. vorhandenen "Schmodder" ausputzen.

    An die beiden vorderen Kammern kommt man durch den zu Befüllung vorgesehenen "normalen" Deckel.


    Auf dem Weg einen großes Dankeschön an Euch.

    Hier bleibt wirklich keine Frage unbeantwortet.


    Einen besonders herzlichen Dank an Ralf aus Ostwestfalen, der mir für sehr bezahlbares Geld einen top erhaltenen "geraden" Ausgleichbehälter zukommen lassen hat.

    Er hatte mir vor anderthalb Wochen glatt das Wochenende gerettet!

    :S


    Euch eine gute Woche!


    Grüße aus Mainz


    Thomas