Vorstellung und erste Ernüchterung nach Benzkauf

  • Liebe Freunde des gestirnten Altmetalls!
    Nachdem ich eine Weile hier mitgelesen habe, möchte ich mich mal kurz vorstellen: Ich heiße Rolf, bin 41 Jahre alt, stamme aus Hessen und lebe heute in Chemnitz. Schon als Kind mochte ich nur alte Autos. Ok, damals war der W123 hochmodern, aber der gefiel mir trotzdem. Gleichwohl bin ich seit 23 Jahren Trabant- und seit 15 Jahren Wartburgfahrer und schraube auch selbst gern. Ich mag meine Zweitakter, aber seit ich Vater geworden bin, habe ich das Bedürfnis, den Nachwuchs sicherer zu kutschieren - was lag da näher, als einen W123 zu kaufen, um einerseits kein "modernes" Auto zu nutzen (ich mag die DInger einfach nicht) und andererseits von der bekannt sicheren Bauweise zu profitieren? Und so kam "Bertha" zu uns, ein 1977er 240 D. Vom Temperament etwas ruhiger als der schon wenig rasante Wartburg, aber durchaus komfortabel. Leider mußte ich jetzt fürchterliches entdecken: Das von außen gepflegt wirkende Fahrzeug hat es in sich, nämlich den Rost. Ich wollte nach einem Regentag bloß mal schauen, ob nicht etwa Wasser eingedrungen ist und habe den Fahrerteppich rausgenommen - feucht. Darunter eine seltsame Schicht aus harten, verschweißten Kunststoffplatten, die auch das Handbremsseil überdeckten. Sollte das Westtechnik sein (beim Trabant ist da Teppich, dann Filzmatte und dann Blech;-)? Das ließ mir keine Ruhe, und so stocherte ich mit dem Schraubenzieher ein bißchen nach. Resultat: Bodenblech gibt Blick in Versteifungskästen preis, Innenschweller ist weg, Stirnwand hat ein Loch. Brrr. Fahrersitz ausbauen. Moment mal, beim Wartburg und Trabant hat der vier Befestigungsschrauben - Bertha hat noch drei, der linke hintere Lagerbock ist weg. WEG! Überflüssig zu erwähnen, daß die Sicherheitsgurthalteschraube grade noch 10 cm Blechverbindung zum Boden hat (immerhin) und daß der Querträger, auf dem der Fahrersitz steht, hinten fast frei schwebt. Jetzt brauche ich erstmal nen Schnaps. Damit bin ich einen Monat rumgefahren, mit nem Bodenblech aus Thermoplast, nem dreibeinigen Fahrersitz und einem Sicherheitsgurt mit Gurtkraftbegrenzer... Das Auto hatte natürlich händlerseits nagelneuen TÜV (obwohl, wie ich feststellen durfte, schon ein Schraubenzieher reichte, um im linken vorderen Radkasten zu erstochern, daß dort eine Menge Blech durch Unterbodenschutz ersetzt war). Wer auch immer die Karosseriearbeiten gemacht hat, er sollte auf plastische Chirurgie umsatteln. Und jetzt? Einzelteile weglegen und den Rest zerflexen? (Motor ist vor 3000 km überholt worden, Türen usw. sind gut) Kann jemand im Raum Sachsen/Franken eine Karosseriefirma empfehlen, die sich das Drama mal anschaut?
    Ein paar Bilder habe ich Euch rangehängt.
    Grüße,
    Rolf (erstmal ziemlich geplättet)

  • Hallo Ich weiß das dir klugscheissen Inder Sytuation nicht hilft, aber ich kann jedem der sich einen Oltimer kaufen will, nur einen wichtigen Tip geben. Schau dir das Auto mit einem TÜV Prüfer an. Die verlangen für ein Kurzgutachten 150 € , fahren mit dem Auto und schauen auch auf der Hebebühne genauer an. 150 € ist nichts im Gegensatz zu den möglichen versteckten Schäden. Ich hoffe du findest eine gute Lösung für dich. Bei mir hat die Kurzbewertung 2 x perfekt gepasst, bis auf paar Kleinigkeiten die aber nicht ins Geld gingen. Mit freundlichen Grüßen Bernd Ps: lass den Kopf nicht hängen

    Ich will schlafend sterben wie mein Opa :sleeping: und nicht schreiend wie sein Beifahrer ;(

  • Hallo Rolf,


    du hast den Wagen vom Händler? Ist wohl noch nicht solange her, oder?


    Hast du den verkaufenden Händler damit schon konfrontiert? Er wird ja auch enrtsprechendes Geld dafür verlangt haben......

    *benzliche Grüße Hannes


    220 /8 - 280SE W116 - 280E W123 - 300TD W123 - 230CE W124 - E220Cabrio W124 - 280SE W126 - Ford S-Max AWD - Sprinter 316 CDI - Volvo 244 - Volvo 944

  • Das Auto hatte natürlich händlerseits nagelneuen TÜV (obwohl, wie ich feststellen durfte, schon ein Schraubenzieher reichte, um im linken vorderen Radkasten zu erstochern, daß dort eine Menge Blech durch Unterbodenschutz ersetzt war).


    Kannst Du da nicht ansetzen und der Mafia aus Blechfälschern und Plakettenschiebern den Wagen unter Androhung rechtlicher Konsequenzen wieder auf den Hof stellen? Ich halte das schlicht für Betrug - und der würde sicher auch vor Gericht genauso bewertet werden...

  • Nun noch einen Rechtsstreit wegen der offenkundig üblen Substanz anzufangen, ist eine gute Methode, um dem schlechten Geld beim kauf noch gutes für Anwälte, Gutachter und Gerichte hinterherzuwerfen.


    Bevor Du Dich darauf einlässt, nimm' die Kohle lieber und investier' sie in Deinen 123er.


    Dass die 123er aus den 1970er Jahren gerne und viel rosten, steht in jeder Kaufberatung und auch, dass man VOR dem Kauf die Fußmatten rausnimmt. Spätestens da, wäre die -vorsichtig formuliert- nicht ganz professionelle "Reparatur" schon anhand der aufgeklebten schwarzen Dämmmatten aufgefallen.


    Daher mein Rat: Wenn das Fahrzeug ansonsten in Ordnung scheint -den Bildern nach auf den ersten Blick ja-, dann lass' mal jemand die Karosseriesubstanz anschauen, der sich damit auskennt. Möglichst jemanden, der vom 123er Ahnung hat und kein eigenes Interesse einer ansonsten schnell unwirtschaftlichen Wiederherstellung. Wenn es nur die Bodenbleche sind, wär's sicherlich machbar, aber -so leid es mir tut- wahrscheinlich ist es nicht.


    Viel Erfolg und keine Sorge, West- und Ostoldies unterscheiden sich zumindest in einem Punkt überhaupt nicht: Es gibt erhaltenswerte und Blender. Vielleicht gelingt es Dir mit diesem 123er von der letzteren Kategorie in die erste zu wechseln.


    Oliver

  • Hallo und vielen Dank erstmal für den Zuspruch!
    Klar, die Fußmatten hätte ich rausnehmen müssen - mein Fehler. Den Händler werde ich damit konfrontieren, ich habe halt erst gestern das Drama entdeckt. Obs was bringt, wird man sehen. Wie gesagt, wenn jemand einen mit dem Typ 123 vertrauten Karosseriemenschen in der nicht allzuweiten Umgebung kennt, wäre ich für jeden Tipp dankbar. In den Urlaub gehts jetzt erstmal mit dem Wartburg, der ist zumindest noch so beieinander, wie ihn sich das Werk einst erdacht hat...
    Grüße,
    Rolf

  • Hallo Ich würde auch den TÜV damit konfrontieren. Es kann ja nicht sein der Wagen fast auseinander bricht und der TÜV den Stempel drauf haut... Mit freundlichen Grüßen Bernd

    Ich will schlafend sterben wie mein Opa :sleeping: und nicht schreiend wie sein Beifahrer ;(

  • Hallo,
    hat vor Jahren mal ein ähnliches Problem mit eienem /8. Ich habe damals den zuständigen TÜV Prüfer mit seiner Abnahme konfrontiert. Am Ende hat er das Auto zu dem ürsprünglichen Kaufpreis übernommen um keien weiteren Ärger vorallem mit seinem Arbeitgeber zu bekommen. Der TÜV versteht überhaupt keinen Spaß bei dubiosen Gutachten.
    Viel Glück
    Bernd

  • wenn auch die hinteren Längsträger nur aus gutem Willen und Flicken bestehen, die Schweller ebenso, dann würde ich ein besseres Auto kaufen und diesen W123 dem Verkäufer zurückgeben. Mit vernünftigem Aufwand wird man ihn nicht mehr in ein gutes Auto verwandeln können.


    Wenn gewünscht, wüßte ich im Hofer Landkreis eine Werkstatt, die das Auto mal auf der Bühne gründlich durchsehen und eine genaue Bestandsaufnahme der Karosserie machen kann, das wird auch nichts kosten.


    Grüße
    bacigalupo

  • Hallo Rolf,
    so einen 123er hab ich auch in der Coupe-Version gekauft...ein Bauchkauf übers Net - sah gut aus und lief und das für 2500 ohne Schnickschnack.
    Dann kam das Erwachen: die Bodengruppe war ein einziger Alptraum, muss wohl mal lange Wasser drin gestanden haben.
    Schlachten brachte ich aber nicht übers Herz, also komplett zerlegt und jede Menge Reparaturbleche bestellt. Die Restaurierung wird zwar wohl den Marktwert übersteigen, aber in dem Rahmen bekommt er gleich die Lackierung und Ausstattung, wie ich ihn mir vor 30 Jahren gewünscht hätte. Bacigalupo kann ich nur Recht geben, vernünftig ist der Aufwand wohl nicht, aber bei mir ist es keine Zeitfrage und man freut sich irgendwann am Ende dann doch, wenn er fertig dasteht. Wenn du aber die Zeit dafür nicht hast und es ein Kauf vom Händler war, würde ich auch versuchen, das Fahrzeug zurückzugeben...Eventuell würde ich auch mal den Tüv kontaktieren mit Bildern.


    Gruss Ralf

    • Official Post

    Hallo Rolf


    Trotz Deiner Nachlässigkeit, die Du ja selbst einsiehst, denke ich, dass Du bei frisch abgenommener Hauptuntersuchung davon ausgehen kannst, dass Du ein verkehrssicheres Fahrzeug beim Händler bekommst.


    Deshalb würde ich beim Händler unverzüglich Rückabwicklung einfordern, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass Du im Falle der Verweigerung unverzüglich den kompletten Fall in Bezug auf Erteilung der HU Plakette aufrollen würdest.


    War es denn wirklich der TÜV? Oftmals wird zur HU einfach nur TÜV gesagt obwohl diese bei einer der anderen Prüforganisationen durchgeführt.


    War es eine Gefälligkeits-Plakette, wird der Händler ganz schnell einwilligen. Denn diesen Ärger können weder der Händler, noch sein befreundeter Prüfer brauchen. Einer der beiden müsste dafür grade stehen.


    Lässt der Händler die Möglichkeit sausen, dann sofort zur betreffenden Prüfstelle und nach dem Vorgesetzten fragen, er möge sich das Fahrzeug ansehen. Übrigens die Prüforganisationen kontrollieren sich (zumindest in Bayern) gegenseitig. Das gibt also richtig Ärger. Ruhig auch darauf beim Vorgesetzten hinweisen.


    Entspricht das Fahrzeug nicht dem Zustand, dass es eine HU Plakette bekommt fehlt eine wesentliche zugesicherte Eigenschaft. Also Rückabwicklung.

    Viele Grüsse


    Winfried


    300 SE W112 Cabrio M189 Automatik Fahrgestellnummer ...9840 Ende 1967 „Schlüpferblau-Met.“

  • Hallo und nochmals vielen Dank für Eure Hilfe! Wenn auch der Kauf des Autos ein Fehler war - die Anmeldung im Forum und die Mitgliedschaft beim VdH waren es sicher nicht! Ein freundliches Forenmitglied hat mir auch schon eine französische Rohkarosse angeboten. Um mal noch ein paar Details zu nennen: Der TÜV war nicht der TÜV sondern eine andere Organisation. Die durchgefaulten Schweller konnte man ohne Entfernung der aufgeklebten Plastikplatten nicht finden, die Löcher im Radkasten aber schon, da reichte ein scharfer Blick auf der Bühne und etwas stochern mit dem Schraubendreher. Das Auto hat knapp 9000 EUR gekostet, ich denke schon, daß man da nicht mit einem Schleudersitz rumfahren muß. Jedenfalls versuche ich als erstes, den Wagen zurückzugeben. Ich habe nochmal Fotos gemacht und werde diese Woche den Verkäufer kontaktieren. Über das Resultat werde ich hier informieren.
    Grüße,
    Rolf

  • Moin


    9000,-€ halte ich bei einem 240D für leicht überzogen, selbst wenn der Wagen sonst O.K.wäre.


    Meine Einschätzung: Roßtäuscher am Werk. Rückgabe wid sicher nicht einfach. Anwalt mitnehmen.


    Viel Glück


    stefan

  • Hallo. Geh zum TÜV und lass das Fahrzeug begutachten .Konfrontier den Prüfladen mit dem Ergebnis.Und sage denen das du das Fahrzeug im guten Glauben, auch auf Grund der gültigen Hu gekauft hast. Mit freundlichen Grüßen berndBernd

    Ich will schlafend sterben wie mein Opa :sleeping: und nicht schreiend wie sein Beifahrer ;(

  • Hallo,
    mal ein kleines update: Ich habe dem Verkäufer die Mängel per Brief mitgeteilt und Bilder mitgeschickt. Schon am nächsten Tag hat er angerufen und sofort angeboten, das Fahrzeug zu reparieren. Das Auto ist jetzt wieder dort und ich hoffe, es in verkehrssicherem Zustand zurückzubekommen. Mehr will ich ja gar nicht.
    Gruß,
    Rolf

  • Hallo, Rolf,


    zwischen "reparieren" und fachgerecht instandsetzen liegen Welten - finanziell und vom Aufwand her. Der Händler wird sicherlich nur einen Minimalaufwand betreiben. Ich bezweifle, dass das der Problematik, die deine Bilder zeigen, gerecht wird. Die Kaufrückabwicklung wäre hier wohl der bessere Weg. Aber das ist nur meine Meinung.


    Ich wünsche dir trotzdem viel Glück..


    Gruß


    Ulli

    230 SL 10/63
    220 SE 07/64
    - irgendwas ist immer...
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    vdh-Regionaltreff Münster/Münsterland
    jeden 3. Mittwoch ab 19.30 Uhr im RoadStop,
    48157 Münster, Schiffahrter Damm 315


    www.pagodentreff.de

  • So, dann will ich mal das Thema abschließen: Das Auto besteht jetzt wieder vollständig aus Blech. Mir ist klar, daß eingeschweißte Reparaturbleche keine Restaurierung sind, jedoch hoffe ich, für vielleicht zehn Jahre keine großen Instandsetzungsarbeiten beauftragen zu müssen. Für Eure moralische wie für die Unterstützung durch Teileangebote möchte ich mich nochmal ganz herzlich bedanken. Die Gewinnspanne des Händlers hat mich im übrigen beeindruckt: Die Alteigentümerin hat, wie ich jetzt von ihr weiß, 500,00 EUR dafür bekommen und ich habe fast 9000 EUR bezahlt. Trotz allem: Wir mögen unsere "Bertha" einfach, mag sie auch eine überteuerte Wanderdüne sein, sie ist ein wunderschönes Auto mit einem gutmütigen Charakter und hat es verdient, weiter über die Straßen zu rollen.


    Viele Grüße,
    Rolf

  • Die Gewinnspanne des Händlers hat mich im übrigen beeindruckt: Die Alteigentümerin hat, wie ich jetzt von ihr weiß, 500,00 EUR dafür bekommen und ich habe fast 9000 EUR bezahlt.


    Das ist natürlich schon beeindruckend, aber staunen sollte man dabei wohl eher darüber, dass heute jemand überhaupt noch einen W123 egal in welchen Zustand für diesen Preis hergibt (und technisch scheint er ja sogar okay gewesen zu sein). Dass ein Händler halt einen Preis beim Verkauf verlangt, wie er realistisch erzielbar ist, davon lebt ganz normal sein Geschäft. Ob hier zwischendrin eventuell "was Faules" gelaufen ist oder nicht, das meine ich gar nicht - das wäre ein ganz anderes Thema.

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    Ceterum censeo Carthaginem esse delendam. - So ein Quatsch, Carthago existiert doch gar nicht mehr! - Halt du dich da raus. Meine Meinung lasse ich mir von niemand verbieten!

  • Wenn es wirklich nicht so lange her ist, würde ich wirklich mal den Händler damit konfrontieren. Bis zu ein Jahr nach dem Kauf müssen Händler für Sachmängel aufkommen.


    Hatte da auch mal ein Problem mit meinem Alltagsfahrzeug. Habe über "brizzel" den Kontakt rausgesucht und mit etwas Nachdruck hat es dann auch geklappt (auch ohne rechtlichen Beistand).