Eine voluminöse Geschichte

  • "Dein Auto tropft!"

    Es gibt diese Anrufe bei denen man denkt. 'Wärst Du da mal besser nicht dran gegangen.' Aber zu spät.

    Es ist Samstagvormittag. Vor dem ersten Kaffee.

    "Wo tropft es denn?"

    "Hinten, über dem Auspuff."

    "Was soll denn da raus tropfen? Ich hab nichts Flüssiges im Kofferraum."

    "It smells like Diesel."


    Zehn Minuten später stehe ich in einem Hinterhof ein paar Häuser weiter. Einer der Schrauberkollegen hat schon eine Plastikschüssel unter die steten Tropfen geschoben.

    Der Inhalt der Schüssel riecht tatsächlich verdächtig nach Diesel.


    Ich krieche unter den Flossenhintern. Kein Zweifel, es tropft vom Tank herunter.

    Dieser Tank ist noch nicht lange unter der Flosse. Ein paar Monate. Bisher war er dicht. Warum sollte sich das plötzlich ändern?

    Etwas ratlos klappe ich das Kennzeichen herunter, schließe den Tankdeckel auf und drehe ihn ab.

    Schwapp!!

    Der Tank ist randvoll. Bis Oberkante Einfüllstutzen. Und er läuft sogar über.



    Jemand tippt mir auf die Schulter und hält mir einen Plastikschlauch nebst einem leeren fünf Liter Reservekanister hin. Wenig später fließt Diesel aus dem Tank in den Kanister und nach einiger Zeit versiegen auch die Tropfen.

    Puh! Offensichtlich kein durchgerosteter Tank, sondern nur ein Versagen der Tankdeckeldichtung. Letztere ist nicht, wie sich das gehört, aus Kork, sondern aus viel zu dünnem Gummi und sieht irgendwie selbst geschnibbelt aus. Das war mir in den letzten 35 Jahren nie aufgefallen.



    Ich hatte vor anderthalb Wochen vollgetankt und seitdem die Flosse nicht mehr gefahren. Außer von der Tankstelle bis zum Carport. Vollgetankt heißt bei mir: bis zum unteren Rand des Einfüllstutzens. Jetzt stand der Sprit aber bis zum oberen Rand des Stutzens. Okay, der Carport hat – anders als die Garage, in der die Flosse bisher stand - etwas Bodenneigung nach hinten. Dadurch kommt der Diesel dem Deckel tendenziell näher. Aber anderthalb Wochen lang tropfte garnichts.


    Die Sonne brennt mir in den Nacken und ich fange an zu schwitzen. Und plötzlich macht es "Klick!"

    "Um wieviel dehnen sich 82-Liter Diesel bei einer Temperaturerhöhung von 10 Grad aus?", frage ich in die Runde.

    Auswendig weiß das keiner. Aber im Netz gibt es einen Rechner. 'Diesel' hat der nicht im Angebot. Dafür aber 'Petroleum'. Das dürfte als Annäherungswert reichen.


    Es sind immerhin knapp 400ml Ausdehnung bei nur 5 Grad Temperaturerhöhung und fast 800 ml bei 10 Grad. Der Tankstutzen ist nicht viel größer als ein Trinkglas. Also fasst er vielleicht 300 ml. Die letzten Tage war das Wetter eher unterkühlt. Heute ist es frühlingswarm mit Tendenz zu sommerlich. Und Schwupp, hat man ein paar hundert Milliliter mehr im Tank.


    Nun haben die Flossenkonstrukteure natürlich an so einen Fall gedacht und – wenn ich das richtig verstanden habe - einen Ausgleichsbehälter im Kofferraum knapp unter die linke Flosseninnenspitze gehängt. Vom Tankstutzen führt ein Schlauch in diesen Behälter. Aber, Kraftstoff ist - genau wie elektrischer Strom - eine faule Socke. Er nimmt den kürzesten Weg. Anstatt in den Behälter aufzusteigen ist er einfach zum Tankdeckel raus. Der jetzt übrigens eine neue Dichtung hat. Gekauft beim vdh und blitzschnell versandt. - Danke noch mal!



    Auf dem Foto habe ich die Dichtung vermutlich falsch herum eingelegt. Eine Seite ist korkbraun. Die andere schwarz angemalt. Ich hab sie – nach den Aufnahmen – doch noch mal umgedreht. Schwarze Seite zum Tankstutzen schien mir irgendwie passender.


    Und jetzt soll der nächste Sommereinbruch kommen. Da kann nichts mehr tropfen. Sofern die Schläuche zum Ausgleichsbehälter noch okay sind. Die könnte ich mal kontrollieren...


    Gruß

    Bernd


    PS: weiß übrigens jemand, wie dieser Behälter im Flossenkofferraum genau funktioniert? Zwei Schläuche verbinden ihn mit dem Tankstutzen und einer geht nach draußen. Ist das auch eine Be- und Entlüftung? – Müsste ja eigentlich, denn auf dem Tankdeckel steht innen: "ohne Entlüftung".

  • Frei zitiert nach unserem Pagoden-Achim (a.a.O., das Prinzip dürfte bei dir aber ähnlich sein):


    "Der Behälter hat nur den Zweck, als "Ausdehnungsbehälter" herzuhalten, wenn der Tank mal zu voll war/ist und durch Hitze sich der Sprit zu weit ausdehnt. Dann kann der 98-Oktanige erst mal in diesem Behälter aufsteigen und nach Abkühlung wieder zurückfließen.

    Dazu kommen zwei Leitungen vom Tank als Entlüftung und gehen von unten in den Behälter hinein, die 3 geht "von oben" (hat ein längeres Röhrchen innen) aus dem Behälter heraus nach unten durch den Tankstutzen zum "Entlüften" und endet dort mit dieser niedlichen kleinen Gummitrompete. ..."








    Michael


  • Hach, ein schönes Erinnerungsfoto von meinem Pagodenkofferraum während der Restaurierung. Da war die Welt (vor dem Pagodenklau) noch in Ordnung...


    Grüße

    Ulli

    230 SL 10/63
    220 SE 07/64
    - irgendwas ist immer...
    ----------------------------------------------------------
    vdh-Regionaltreff Münster/Münsterland
    jeden 3. Mittwoch ab 19.30 Uhr im RoadStop,
    48157 Münster, Schiffahrter Damm 315


    www.pagodentreff.de

  • Frei zitiert nach unserem Pagoden-Achim (a.a.O., das Prinzip dürfte bei dir aber ähnlich sein):


    "Der Behälter hat nur den Zweck, als "Ausdehnungsbehälter" herzuhalten, wenn der Tank mal zu voll war/ist und durch Hitze sich der Sprit zu weit ausdehnt. Dann kann der 98-Oktanige erst mal in diesem Behälter aufsteigen und nach Abkühlung wieder zurückfließen.

    Dazu kommen zwei Leitungen vom Tank als Entlüftung und gehen von unten in den Behälter hinein, die 3 geht "von oben" (hat ein längeres Röhrchen innen) aus dem Behälter heraus nach unten durch den Tankstutzen zum "Entlüften" und endet dort mit dieser niedlichen kleinen Gummitrompete. ..."


    Michael

    Danke Michael für die Erklärung. Wieder was gelernt.

    Ich nehme ja gerne Dinge, deren Funktionsweise sich vor mir verbirgt, auseinander. Einfach um zu verstehen, wie's funktioniert. Aber ich befürchte, ich würde den Behälter nicht wieder zusammen bekommen. ;)

    Grüße

    Bernd

  • Auf dem Foto habe ich die Dichtung vermutlich falsch herum eingelegt. Eine Seite ist korkbraun. Die andere schwarz angemalt. Ich hab sie – nach den Aufnahmen – doch noch mal umgedreht. Schwarze Seite zum Tankstutzen schien mir irgendwie passender.

    Schöne Story - eine Frage aber zur Korkdichtung, ich kennen die nur als korkig, also ohne schwarze Seite. Ist die angemalt oder mit irgendwas beschichtet?


    Bei meinerm 230 SL ist die Korkdichtung leider nicht so richtig dicht, mir wurde empfohlen die Korkdichtung vor Einbau in Öl einzulegen, damit sie aufquillt, das teste ich jetzt. Beim 108er ist die Korkdichtung auch ohne Öl dicht.


    Es gibt ansonsten noch diese Variante: A140 471 00 79 - eine Silikondichtung für spätere Baureihen, kostet aber knapp 20 Ocken, dazu bin ich noch nicht bereit ;)


    Gruss

    Marius

  • Es gibt ansonsten noch diese Variante: A140 471 00 79 - eine Silikondichtung für spätere Baureihen, kostet aber knapp 20 Ocken, dazu bin ich noch nicht bereit ;)

    Eine eventuelle Alternative zu Ola's Apotheke:

    Tankdeckeldichtung für Simson Mopeds, Innendurchmesser ca. 38mm, Außendurchmesser ca. 58mm; z. B. bei eBay.
    Die gibt es in unterschiedlichen Materialien (Kork, Gummi/NBR) und Stärken. Da muss man etwas aufpassen.


    Die Dichtung am Tankdeckel vom R107 und Einfülldeckel Motoröl beim M102 im W201 konnte ich jedenfalls zur vollen Zufriedenheit ersetzen.


    Viel Erfolg wünscht

    Ralf

  • Schöne Story - eine Frage aber zur Korkdichtung, ich kennen die nur als korkig, also ohne schwarze Seite. Ist die angemalt oder mit irgendwas beschichtet?


    Gruss

    Marius

    Hallo Marius,


    so rein optisch würde ich sagen, die Dichtung ist angemalt, weil die Korkstruktur durch das Schwarz noch erkennbar war. Der Sinn davon erschließt sich mir nicht so richtig. Es sei denn, es geht einfach nur um die Optik. Denn der nackte Kork schmutzt bei Kontakt mit Diesel recht schnell ein. Und zwar schwarz. Ein Problem das die Besitzer eines Benziners so nicht haben dürften.

    In der Familie läuft noch ein Corsa B. Der hat eine Korkdichtung zwischen Zylinderkopf und Ventildeckel. Die ist von beiden Seiten korkig. Ob sie deswegen andauernd undicht wird?


    Grüße Bernd

  • In der Familie läuft noch ein Corsa B. Der hat eine Korkdichtung zwischen Zylinderkopf und Ventildeckel. Die ist von beiden Seiten korkig. Ob sie deswegen andauernd undicht wird?


    Grüße Bernd

    Nö.

    Habe noch (eigentlich am zweitlängsten) einen bei manchen Naserümpfen erzeugenden, weil unterstatusmäßigen, stets zuverlässigen "Volks"-Oldie.

    Der boxt bekanntermaßen mit am Zylinderkopf korkgedichteten Ventildeckeln.

    Die sind seit 43 Jahren stets dicht geblieben.


    Funzt also.


    Hoffe, dass er auch bei meiner "zweiten Traute" vor dem Standesamt dicht bleibt... :D



    Michael

  • Hallo MIchael,


    also mehr "unterstatus" als Corsa B geht ja kaum noch. Ich habe tatsächlich die Nase gerümpft. als meine Werkstatt uns vor über zehn Jahren so einen Wagen empfohlen hat, weil meine Frau ein Auto brauchte, um damit täglich zehn Kilometer zur Arbeit hin und zurück zu fahren. Dafür war die Flosse definitiv zu schade.

    Aber inzwischen finde ich den Corsa gut. Total simpel konstruiert. Ohne großen Aufwand reparierbar. Wo wechselt man sonst noch Zahnriemen, Thermostat und Wasserpumpe in einer Stunde? Und versiegelt rostet der nicht, obwohl er draußen steht.

    Nur diese Korkdichtung ist irgendwie "Opel". Spätestens nach drei Jahren laufen wieder die Öltränen den Zylinderkopf runter.


    Grüße Bernd

  • Hypergrins, habe mir noch 'nen 2012er Combo für den anstehenden Umzug in den Neubau besorgt.

    Ist ja auch nur gemorphter Corsa..

    Würde dann als Broterwerb und Rentenauffrischung damit noch nebenbei Pizza oder Pakete ausfahren, am besten beides gleichzeitig!

  • Ja, Micha, kenn ich, hat mein T2 auch....... die Ventildeckeldichtungen sind (manchmal) dicht........dafür saftelt es an ca. 100 anderen Stellen......

    Eine Kurve ist erst richtig gefahren, wenn die Fliegen an der Seitenscheibe picken.

    Alles außer Quattro ist eine Notlösung

    (Walter Röhrl)


    You cannot overtake 20 cars in sunny weather, when it's raining, you can (Ayrton Senna)

  • Hallo,


    da ich unlängst Tanken war: Bei meinem Tankdeckel ist eine Korkdichtung verbaut, welche ebenfalls an einer Seite schwarz ist (na ja, eher dunkelgrau).

    Sieht nach einer Graphitschicht aus, und diese zeigt zum Tankstutzen hin.

    Ich vermute, sie dient beim Benziner als Gleitfilm, so dass der Tankdeckel leichter abzudrehen ist, bzw. aufzudrehen.

    Dürfte beim Dieselöl eher zweitrangig sein, da Diesel ja "schmiert".


    Grüße

    Marc