Als einschlägig Vorbelasteter möchte ich mal ganz zart einen /8 resp. W 123 Vierender ins Spiel bringen.
Beide sind um Welten alltagstauglicher als Ponton oder Flosse, (Bremsen, Fahrwerk, Leistung, Komfort, Wartung, Ersatzteile) und weniger komplex als ein W116.
Ich gehöre zu den wenigen Verrückten, die von 1989 bis 2023 eine Dieselflosse als Daily-Driver bewegt haben. Wobei ich dazu sagen muss; ich arbeite als Freiberufler von zu Hause aus. Tägliche Fahrten zum Arbeitsplatz fallen also weg.
Seit diesem Jahr ist das mit dem Daily etwas eingeschränkt. Wir wohnen wieder städtischer und den Weg zum nächsten Supermarkt schaffe ich auch zu Fuß. Und falls ich keine Lust habe zu Fuß zu gehen, nehme ich den gut abgehangenen Golf meiner 90jährigen Schwiegermutter, den sie nicht mehr selber fahren kann, der wegen der vielen Beulen aber auch nicht wirklich verkaufbar ist. Diesel und Kurzstrecken sind nämlich keine gute Idee.
Also holen wir die Flosse jetzt nur noch für Fahrten, die deutlich weiter als zehn Kilometer gehen, unter ihrem Dach hervor. Da kommen aber auch immer noch gut 10.000 Kilometer im Jahr zusammen.
Aber, mit einer Flosse im absoluten Urzustand würden uns diese Reisen nicht wirklich Spaß machen.
Der OM621 ist nämlich ein recht rauer Geselle. Der vor zwanzig Jahren eingebaute OM615 (220) läuft wesentlich ruhiger. Erst recht mit den – nicht serienmäßigen – Rundstrahldüsen. Ein bisschen mehr Dampf hat der 220er außerdem noch.
Die Bremse ist, bei der heutigen Verkehrsdichte und der Fahrweise der meisten anderen – besser bebremsten - Verkehrsteilnehmer, schlichtweg gefährlich. Also gab's schon ganz am Anfang einen BKV aus dem W123.
Das Fahrwerk ist für durchgängig asphaltierte Straßen eigentlich zu weich, vor allem wenn man – was bei uns meistens der Fall ist – den Kofferraum randvoll lädt. Die Federn waren rundum in der Federnschmiede zu Auffrischen und hinten sind strammere - und leicht gekürzte - Federn aus dem W116 eingebaut. Der Stabi an der Vorderachse ist dicker als der originale Stabilisator
Dreizehn-Zoll-Reifen sind nicht nur teuer, sondern bei voller Zuladung auch eine ziemlich wabbelige Angelegenheit. Also fahren wir 14-Zöller. Auch wenn ich die Radkappen der 13-Zoll-Felgen wunderschön finde.
Und ohne Servolenkung hätte ich wahlweise Oberarmmuskeln wie ein Bodybilder oder dauerhaft Muskelkater. Meine Frau würde außerdem in den Flossen-Streik treten. Sie sitzt nämlich genau so gerne hinterm Steuer wie ich, könnte das Riesenschiff mit dem zentnerschweren Diesel auf der Vorderachse aber ohne Servo nicht wirklich gut rangieren. Da fehlt ihr einfach die Kraft und – mangels Körpergröße – auch der Arm-Hebel dafür.
Wir hatten Glück, die Servolenkung war ab Werk eingebaut, ist bei der kleinen Flosse aber sehr selten. Eine Nachrüstung ist, so habe ich mir sagen lassen, kompliziert. Erst recht bei einem Modell mit Lenkradschaltung.
Ein Ponton als Daily-Driver. Ganz ehrlich, ich könnte mir das nicht vorstellen. Die Autos der fünfziger Jahre sind mir einfach zu klein, vom Platzangebot her.
Als ich 1989 vom 2CV auf ein "echtes" Auto umsteigen wollte, standen ein Volvo-Amazon-Kombi und die Flosse zur Wahl.
Im Amazon fühlte ich mich – ich bin 1,90 Meter groß und habe ein ziemlich breites Kreuz - eingeengt und mir fehlte die Übersicht auf das Verkehrsgeschehen um mich herum.
Die Flosse hingegen war – Ahhhhh! Toll!
Und dass ist das, was ich heute immer noch an der Flosse liebe. Die grandiose Rundumsicht, selbst mit einer – altersbedingt – immer steifer werdenden Halswirbelsäule. Und die Ruhe und Erhabenheit, die der Wagen ausstrahlt, wenn er mit echten 80 km/h (90 auf dem Tacho) über die Autobahn rollt. Nicht wir sind langsam, sondern alle anderen total hektisch.
Trotzdem weiß ich im Stadtverkehr auch ein moderneres Fahrzeug (okay, von 1998) zu schätzen. Klein, handlich und fährt nach einem kurzen Dreh am Zündschlüssel einfach los.
Gruß Bernd