Hallo Richard,
nun bin ich in meinem neunten Ponton-Jahr mit vergleichsweise viel Fahraktivität (ca. 8.000km/Jahr), mit sehr intensiven Erfahrungen, die ich hier gern kurz teile.
Vor ca. 11 Jahren stand ich wie Du vor der gleichen Wunschvorstellung. Ein Ponton muss her - die Form, die Sympathie und die Wirkung des Autos, das 50er Jahre-Flair, die generell überschaubare Technik, die Verfügbarkeit. Ich hatte dazu ein gerüttelt Maß an Erfahrung mit anderen Altbenz, Flosse, /8 usw...
Zwei Jahre habe ich gebraucht, bis mich "mein" Ponton fand. Irgendwo hat mal einer den klugen Satz gesagt, nicht du findest das Auto, das Auto muss dich finden. Da ist viel Wahres dran. Dennoch: ich hatte meine Suche auf einen Vierzylinder eingeschränkt, Benzin oder Diesel war mir egal. Schon damals bot der Markt nur zweierlei: Schrott oder überteuerte Ware, die allerdings oftmals ohne Ausstrahlung
Bei mir wurde es dann ein tabakbrauner 190er Benziner der ersten Generation, ein seltener Farbton. Diese Konfiguration und die vollständig erhaltene Ausstattung (innen wie außen) waren ausschlaggebend, und das wäre heute wieder so. Natürlich ist die oben genannte Kaufberatung des (leider kürzlich verstorbenen) Thomas Hanna Pflichtlektüre, damit kann man sich gut in das Ponton-Thema einlesen. Ich habe dann noch sehr viel investiert in alle Baugruppen, dazu Motor- und Fahrwerks-Tuning, FSD-Nachrüstung, Sattlerarbeiten, Soundanlage... Chromersatz...
Apropos Restauration und Erhalt/Wartung - da geben sich Diesel-Benziner bzw. Vier- oder Sechszylinder nichts. Der 6-Ender ist auch länger und schwerer, die Holzausstattung innen schwieriger zu restaurieren.
Ich denke, 190er und der Nach-wie-vor-Geheimtipp 219 ist die beste Wahl. Wichtig ist, sich beim Suchen einen erfahrenen Pontonisten mitzunehmen, der sich das Auto intensiv mit anschaut - ohne rosarote Brille. Es gibt längst keine unrestaurierten Fz. mehr, und die Frage ist: Wie viel Mühe hat man sich gegeben beim Blech, beim Lack, bei der Technik, bei der Originalität und bei der Innenausstattung. Sonst hat man später keine Freude, denn auch ein Ponton soll und kann zuverlässig laufen. Vor Restaurationsobjekten warne ich... möglich, aber teuer und langwierig. Da ist dann eher der Weg das Ziel.
Eins muss man wirklich vor Augen haben, es wurde bereits gesagt: Selbst ein in Neuwagenqualität restaurierter Ponton ist im Vergleich zu den Nachfolgern im heutigen Verkehr anstrengend. Im heutigen Stadtverkehr potenziert sich das noch, das Innere von Großstädten meide ich inzwischen, so gut es geht, obwohl mein Ponton topfit ist. Doch rein serienmäßige Fz, an denen nicht zu 100% alles "gemacht" wurde, überraschen dann schon mal mit Überhitzung, durchfallenden Kupplungsmechaniken oder anderen Wehwechen. Bei Regen oder gar im Winter siehst du schnell nix mehr, weil die Scheiben mangels Luftdurchsatz schnell von innen beschlagen, mit zusätzlichen Mitfahrer:innen noch schneller (auße auch). Übersicht, Lenkung, Bremsen, Geräuschkulisse, Komfort-Features wie Heizung und Lüftung (welche Lüftung?? ;)) - zwar Benz-Niveau, aber eben alles Stand 1953. Man wird aber entschädigt durch eine besondere Fahrkultur, durch die Resonanz der Umgebung - ein Ponton ist der Sympathieträger schlechthin und in meinen Augen nach dem Flügeltürer und dem W111 Coupé der schönste Nachkriegsbenz überhaupt.
Viel Erfolg!
Herzlich
Bodo