Was heißt hier totrestauriert?

  • Abweichungen vom Originalzustand finde ich auch gar nicht so schlimm. Mir ist es nur wichtig, dass es so original für das Fahrzeug zu bestellen/kaufen war. Meine Flosse bekommt z. B. statt Einzelsitze eine Sitzbank vorn, denn mein Auto soll meinen Vorstellungen entsprechen...


    ___________________________________________________________________________________________________
    RRR

  • Also, ich finde toll, dass Ulli eine echt schöne Heckflosse gemacht hat! Wer gibt sich denn heute schon solche Mühe mit einer Flosse? Gute Autos sind so selten, ganz anders als Pagoden, 911er und andere "Geldmaschinen". Dabei sind gerade die großen Flossen so faszinierende Wagen: Der Platz, der Fahrkomfort, die Straßenlage, der kernige Motor, Bandtacho, Lenkradschaltung, die doppelten Chromstoßstangen und natürlich die positivistischen Heckflossen, das alles gehört definitiv zum coolsten, was MB je gebaut hat.


    Als Liebhaber kann ich nur sagen: "Danke, Ulli!" :thumbup:

  • Moin
    Mir ist eine ranzige 190er Flosse lieber als ein 300SL Flügeltürer,der für zigtausende Euronen kaputtrestauriert ist...meine Flosse habe ich seid 25 Jahren immer mal wieder als rolling Restauration am laufen gehalten...
    soll doch jeder mit seinem Auddo machen was er will!Die Typen auf Veranstaltungen(die Schraube ist aber nicht origenal)könnte ich den ganzen Tag sonstwohin schiessen...Meine Meinung...Wenn denn einer in 2/4/6 Jahren
    so ein Teil restauriert,viel Geld und Zeit investiert finde ich nur geil...DAS! macht doch unser Hobby aus!
    Grüsse Michael

  • ein leicht patinierter Zustand und eine nicht 100% hochglänzende Lackierung, am besten weiß hell, ziehen zumindest auf dem Lehrerparkplatz bei einem /8 weniger durch mit der den Wagen besitzenden Lehrkraft unzufriedene Schüler verursachte Kratzer nach sich. Dies konnte meine Frau seit 2000 und an seitdem vier verschiedenen, von ihr gefahrenen /8 feststellen... Einen glänzenden, 040 schwarzen /8 wird sie nicht mehr dort parken, einen 131 weißen mit zarten, südfranzösischen Kampfspuren, nicht jede Woche gewaschenen 114/115 dagegen schon...


    Grüße
    bacigalupo

  • Hallo Micha, mit Deiner Vorliebe für ranzige Flossen scheinst Du aber ziemlich allein sein. Am Pfingst-Wochenende in Orbau zumindest habe ich fast ausschließlich top hergerichtete Flossen, Pontons, /8, 111/112 Cabrios usw gesehen. Oder lag das vielleicht daran, dass die ranzigen Autos beispielsweise die Strecke von HH nach Ornbau nicht geschafft haben?

  • Mir ist eine ranzige 190er Flosse lieber als ein 300SL Flügeltürer

    Hallo,


    den Flügeltürer würde ich immer vorziehen, egal in welchem Zustand und diesen nahezu täglich fahren.


    Den Originalzustand schätze ich persönlich ein wenig höher ein, das liegt aber eher daran, dass ich das Seltene und Besondere wertschätze. Eine gute Restaurierung ist aber nicht weniger wert. Warum? Weil bei einer guten Restaurierung alles angefasst wurde und vieles davon dann für die nächsten Jahrzehnte nicht mehr angefasst werden muss. Und fahren würde ich beide viel, den Restaurierten und den Originalen. Der Haken an dem Ganzen ist: beides ist sehr selten, der gut erhaltene Originale und der dauerhaft gut Restaurierte.
    Den Originalzustand über die Jahre bei vielfacher Nutzung zu erhalten ist teilweise unmöglich und auch nicht immer sinnvoll. Hin und wieder weiche sogar ganz bewusst davon ab, achte aber darauf, dies auf den nicht sichtbaren Bereich zu begrenzen.


    Ich wundere mich aber, warum die ganzen zigtausenden Oldtimer den ganzen Tag nicht aus ihren Löchern herauskommen. Ich hätte keine Freude daran, den Alten nur Feiertags bei Sonnenschein zu benutzen. Er muss gefahren werden und wird nur an den Salz- und Schneetagen geschont.
    Ich habe es sogar fertig gebracht, den Zustand 2 /8 bei der Hausrenovierung (einmal innen alles neu) als Baufahrzeug zu nutzen. Mir ist er nicht zu schade dafür, die Freude kommt doch gerade erst beim Benutzen.

    Mit doppelgenocktem Gruss, Matthias

  • Moin
    Mit ranziger Flosse meine ich nicht die Autos mit durchgerosten Schwellern oder ähnliches...wenn jetzt der
    origenale Lack mit"Patina"
    oder die angerostenten origenalen Stangen dran hängen und das Auto
    sonst im guten technischen Zustand ist,finde ich Spitze...Inneneinrichtungen kann ja auch nicht jeder mal
    zum Sattler bringen,kostet ja auch ziemlich viel Geld...Ich kenne allein in HH diverse Flossen/8 123er usw
    die nicht gerade Zustand 2-3 entsprechen.Aber die Leute halten die Autos am Leben!Ich selber war auch schon 10mal zum Treffen in Ornbau und bin bald 20 Jahre Mitglied beim vdh.Da habe ich immer wieder
    mal Flossen etc nicht gerade im besten Zustand gesehen.Ausserdem finde ich das Motto beim vdh so
    klasse,das erst der Mensch und dann erst die Autos kommen...Und ja,mit einer 55 PS "Wanderdüne" kann
    man auch von HH nach Ornbau in ca 9Std kommen,haben schon viele gemacht!Es gibt halt noch Leute
    die nicht die Möglichkeit (eigene Werkstatt)oder handwerkliches Geschick haben um das Auto in Zustand
    2 oder besser zu machen...In diesen Sinne,jeder wie er möchte.


    Grüsse Michael


    PS:Ich finde ja auch Flossen etc im Zustand 1-2 sehr fein,aber der Oldihype(Geragengold)geht mir doch ziemlich auf dieNü.....

  • Hallo Micha, mit Deiner Vorliebe für ranzige Flossen scheinst Du aber ziemlich allein sein. Am Pfingst-Wochenende in Orbau zumindest habe ich fast ausschließlich top hergerichtete Flossen, Pontons, /8, 111/112 Cabrios usw gesehen. Oder lag das vielleicht daran, dass die ranzigen Autos beispielsweise die Strecke von HH nach Ornbau nicht geschafft haben?

    Um zu Ullis Ausgangsfred zurückzukommen: zwar habe ich seine Flosse live noch nicht gesehen, aber anhand seiner Restaurationsbeiträge hier um Forum (und einiger netter Telefonate, welche ich mit ihm führte) darf ich sehr sicher annehmen, dass diese Restauration als kompromisslos gelten darf.
    Ohne die Arbeit und Freude vieler anderer „gemachter“ Fahrzeuge zu schmälern, die auch ich in Ornbau dieses Jahr gesehen habe - inkl. meiner eigenen, fast parallel zu Ullis Arbeit durchgezogenen Renovation des W111, glaube ich doch, dass wir da von zwei verschiedenen Niveaus sprechen. Zumindest für meine Arbeit kann ich sagen, dass sie mitnichten kompromisslos war, was an Faktoren wie Geduld, Erfahrung, Können und nicht zuletzt auch Geld lag. Aus diesem Grund ist Ullis Resto in meinen Augen auch klar die bessere, nach dem Prinzip „wenn schon, denn schon“. Würde ich es nochmals machen, würde ich es so machen wie er. Das Ergebnis ist dann nicht tot- sondern toprestauriert.


    Totrestauriert bedeutet für mich eher, dass aus Unkenntnis zb rettbare Originalsubstanz zerstört, schwer zu revidierende Fehler und handwerkliche Unzulänglichkeiten das Ergebnis prägen. Da ist’s dann einfach nur schade drum.

  • Hallo, Paul,


    danke für die Blumen, aber sooo perfekt ist die Flosse nun auch nicht. Ich glaube nicht, dass da groß ein Unterschied zu deinem Coupé besteht. Aber bevor hier insgesamt ein falscher Eindruck entsteht: Ich habe diesen thread nicht eröffnet, um mein Restaurierungsergebnis zu diskutieren.Vielmehr geht es mir ganz allgemein darum, das bei komplett neu aufgebauten Fahrzeugen sehr schnell Begriffe wie "tot restauriert" oder "überrestauriert" die Runde machen. Und das ärgert mich aus zwei Gründen: Zum einen, weil diese vorschnellen Kritiker ja in der Regel den Ursprungszustand nicht kennen und somit sowohl übersehen, dass durch diese Maßnahme ein "totgeweihter Schrotthaufen" gerettet wurde und zum anderen, weil sie meistens nicht den Hauch einer Ahnung haben, was für ein Aufwand solch ein Projekt ist. Das ist auch völlig unabhängig von der Wertigkeit des jeweiligen Modells. Aus verschiedenen Beiträgen weiter oben kann man herauslesen, dass eine private Vollrestaurierung bei einem Durchschnittsbenz eher Akzeptanz findet als die Arbeit eines Profis im Hochpreissegment des Flügeltürers. Warum? In beiden Fällen wird dafür gesorgt, dass ein Fahrzeug der Nachwelt erhalten bleibt. Die Aussage ist dann rein subjektiv und hat mit dem Auto selbst eigentlich nichts mehr zu tun. Und da drängt sich zumindest mir schon mal die Frage auf, ob nicht auch eine gewisse Neiddebatte mit im Spiel ist. Denn am häufigsten hört man diese Begriffe von der Über-/Totrestaurierung ja im Zusammenhang mit hochpreisigen Topfahrzeugen. Rein objektiv stellt ein top restaurierter 111er in seiner Klasse nichts anderes dar als ein top restaurierter Flügeltürer. Warum also einmal akzeptieren und einmal nicht? Ich habe da häufig das Gefühl, dass da bei einem neu aufgebauten Fahrzeug einfach vorschnell etwas daher oder nachgeplappert wird, was einmal bei Toprestaurierungen im Hochpreissegment seinen Anfang nahm. Deine Definition von totrestauriert trifft es hingegen ziemlich genau.


    Gruß


    Ulli

    230 SL 10/63
    220 SE 07/64
    - irgendwas ist immer...
    ----------------------------------------------------------
    vdh-Regionaltreff Münster/Münsterland
    jeden 3. Mittwoch ab 19.30 Uhr im RoadStop,
    48157 Münster, Schiffahrter Damm 315


    www.pagodentreff.de

  • Hi Ulli


    Nein, so hatte ich ihn auch nicht verstanden.
    Habe lediglich dein naheliegender Beispiel genommen, um von der Art „neu gemacht“ zu differenzieren, die m.E. so manchen Oldi der vorhandenen Reste seiner Seele beraubt hat. Natürlich müsste man dazu aber genau den Ursprünglichen Zustand der Ausgangsbasis vor Augen haben.
    Mit dem „Seele berauben“, spreche in inzwischen ein wenig aus eigener Erfahrung, denn hätte ich einen zweiten Versuch, hätte ich mehr der alten Substanz meines Coupes gerettet und trotzdem ein schönes Ergebnis gehabt. So aber habe ich einige Dinge ohne Not unwiederbringlich zerstört. Das mag über-selbstkritisch sein, ist aber ein Teil meiner Erfahrung aus der Erstlings-Renovation. Da habe ich einigen Stellen wohl totrestauriert, andere Stellen dafür weniger gut hinbekommen, als es sinnvoll gewesen wäre. Als das Schwierigste an einem solchen Projekt erachte ich inzwischen die Ausgewogenheit aller Arbeiten in Summe.


    Dass ein /8 eher Sympathie erntet als ein Flügeltürer, der vielleicht fasziniert, wo aber seltenst näherbringende Erinnerungen aufkommen, a la „den hatte mein Opa auch mal“ liegt in der Natur der Sache. Und auch, dass man dann geneigt ist zu sagen, „ach pff, sowas will ich eh nicht“. Dass der dann auch überrestauriert ist, versteht sich von selbst, folgt man dieser Logik.
    Umgedreht könnte es sein, dass eine solche Bemerkungen auf eine W111-Limo angewandt bereits Ausdruck einer (nicht neidlos) anerkannten Bewunderung für das Projekt ist, einfach weil der so edel aussieht, dass der Unkundige vergisst, dass das eigentlich mal eine fast „populäre Oberklasse fürs Volk“ war.


    So, nun habe auch meinen Senf beigetragen, was ja der Wunsch zu Beginn war.
    Meine Meinung hat sich fast synchron zur Erfahrung mit Oldtimern, beginnend 1996, geändert und wird sich das wohl auch weiterhin, frei nach dem Motto „was interessiert mich der Käse, den ich gestern verzapf hab“.
    Bin gespannt auf die nächste Diskussion zum Thema, hoffentlich wieder hier, gleicher Ort, andere Zeit.

  • Hm, wenn ich nochmal anfangen würde, scheidet meine "Salamitaktik" aus. Entweder "richtig" oder nicht. Das Prinzip "Hoffnung" gildet z.B. bei M100 eben gerade nicht. Also Lernerfahrung, abgehakt! Vieles kann man nacheiander machen, aber am Anfang=Eisen zu schludern ist (und war für mich) NOGO!


    Wenn man Motor, Getriebe, Achsen, Innen später macht, ist das zwar möglich, aber es kommt dann eh irgendwann, weil alles nicht mehr zusammen passt. Die Basis zählt, wenngleich mit Mühe Vieles machbar ist, wie anderer Verrückter UK-Bürger mit einem fast identischen Auto (nur Lenkrad falsche Seite..) gezeigt hat. Zufälle gibts.....
    109.018 in kaputtem Eisen habe ich auch noch....für später! Evt. muss ich mal nach ihm schauen.... :D
    BG Oliver

    Olli


    ..mit DER Lösung kann ich nicht leben, ich will mein Problem zurück..... :thumbup:

  • Jeder sollte eigentlich die Möglichkeit haben mit dem Oldtimerzustand zu fahren der ihm gefällt.
    Mit den ungefragten Kritiken der selbsternannten Experten muß man wohl oder übel leben.
    Problematisch wird es leider, wenn Politiker mit ihrem subjektiven Empfinden einen Massengeschmack aufzwingen wollen.
    Da wird eine Fahrt zum TÜV mit einer Flosse im Originallack schnell mit einem "Lackieren Sie den 'mal dann sehen wir weiter" abgebügelt.
    Im Museum nehme ich mir ja auch nicht den Wärter zur Seite: "Der Cranach mit dem rissigen Lack - den könntet Ihr auch 'mal ...)
    Eigentlich sollte das "H-Kennzeichen" eher ein "S-Kennzeichen" (Schön gemacht) sein.


    Bitte versteht mich hier nicht falsch - ein top restaurierter Oldtimer ist zum Fahren eine tolle Sache, da er durch die Restauration zuverlässig ist und viel Spaß machen kann. Ich weiß auch die Lestung dahinter durchaus zu schätzen.
    Merkwürdigerweise werden aber häufig die Originalzustände gefahren und die top restaurierten, vielleicht sogar als Wertanlage gesammelt und versteckt.


    Gruß Bernhard

  • Wenn H-Kennzeichen gleichbedeutend mit musealem Zustand wäre, wären die so gekennzeichneten Wagen aber wohl alle nicht fahrbereite Immobilien. Daher hinkt für mich der Vergleich zum Cranach (oder anderen) ein wenig.
    Da die Verkehrssicherheit bei alldem aber immer noch Priorität hat, ist ein Prüfer evtl schnell versucht vom Lackzustand auf die Technik zu schliessen. Und vielleicht hat er die Zeit, als gerade die „Brot&Butter“-Autos mit allen Mitteln über den TÜV gebraten wurden noch gut in Erinnerung. Zum Glück kann man sich dann ja woanders hin wenden und hoffen, an jemanden zu geraten, der sich nicht vom schlechten Lack „blenden“ lässt

  • Hallo Paul,


    definitiv will ich nicht, daß nur Originallack - Fahrzeuge ein H-Kennzeichen bekommen. Jeder nach seiner Passion.
    TÜV-Prüfer müssen die Vorschriften einhalten, und da steht unmißverständlich wie der Lack beschaffen sein muß.
    Mein Sohn hat einen Hatz - Traktor aus den 50ern der wegen des Lackzustandes genau den Spitznamen Cranach hat - zu recht, aber er ist original.
    Um nichts in der Welt würde er diesen lackieren.
    Verwitterter oder rissiger Originallack gilt als fehlerhaft, der Prüfer hätte diesem kein H-Kennzeichen erlaubt - das finde ich widersinnig - rosa lackiert gilt er als Kulturgut ...


    Andererseits gibt es Flügeltürer, die aufgrund einer (teuer gekauften) Fahrgestellnummer aus hauptsächlich Nachfertigungsteilen neu aufgebaut wurden und mit Lob für den guten Zustand Ihr H-Kennzeichen bekommen. (Nein, ich habe nichts gegen Flügeltürer, aber für Flossen wird das nicht gemacht)


    Bei der Verkehrssicherheit sind wir aber einer Meinung. Hier denke ich aber, daß der TÜV-Prüfer besser erkennt, ob ein Auto zum Gebrauchswagen repariert wurde, oder wirklich technisches Kulturgut darstellt - besser als jeder regulierungswütige Politiker.


    Gruß Bernhard

  • Vorab, ich habe nie eine Einser-Resto gemacht. Ich besaß und besitze aber Einser-Objekte...


    Betreffs Einser-Restaurationen bin ich zwiegespalten. Ich kenne ja deine Flosse, Pagodenuli, habe sie in Münster bewundert und meine Bewunderung auch (hoffentlich ausreichend den Respekt zeigend) kundgetan. Ich finde es immer gut, wenn jemand „Dedication“ lebt. Die Hinwendung zu „seinem Ding“. Die unendliche Zuwendung, die Geduld, etwas zu machen, und es auch in aller Konsequenz bis zum Ende durchzuziehen. Weil man sich ein Ziel gesetzt hatte, weil man ein verlässlicher Mensch ist, und sich selber damit ein Geschenk macht, wenn man dann am Ziel ist.


    Ich bin auch so einer, wenn auch auf anderem Gebiet.


    Ich selber würde sowas nicht bis dahin – in den beurkundeten Zustand Eins – betreiben, weil mir Autos, alte Autos, einen anderen Stellenwert haben.


    Ein Auto ist mir das „falsche“ Objekt, um es in den Zustand Eins zu bringen, wo es bei vorgesehener Nutzung dann ja doch nicht auf Dauer verbleibt. Also für mich ein Kampf des Don Quichote, vergebene Müh. Wie oft, in welchen Takten will man das wiederholen? Autos mit Patina finde ich gut, aber richtig, sie sind selten.


    Wir hatten über 32 Jahre einen Käfer, den ich im Alter von zehn kaufte. Auch der hatte leider nicht die echte Patina, weil er mal zwischendurch eine neue Lackierung bekam. Er war aber ungemein authentisch..., absolut taff in technischer Hinsicht, bis auf diese blöde pneumatische Wasserspritzerei. Eins minus betreffs Technik. Drei plus bei der Optik. Mir lag nie viel daran.


    Es gibt eine Methode, das mit dem "Zusatnd Eins" korrekt herzuleiten: ich kaufe mir ein neues Auto... Dann nutze und fahre ich es, und mit den langen Jahrzehnten wird es von allein ein Oldtimer und bekommt Patina.


    Wir kauften 2011 zwei neue Autos, OK keine Benze, sondern SEAT Diesel. Der kleinere der beiden war das erste neue Fahrzeug, das ich mir in meinem ganzen langen Leben mal neu kaufte – und ich finde es furchtbar ärgerlich, dass diese Schwänze, Affen und Arxxxöcher von Betrügern bei VW es mit dem EA 189–Motor ausstatteten, weswegen der kleene Ibiza leider bei mir nicht alt werden wird.


    Schade drum.


    Ich hab also durchaus mal ein Einser-Auto gehabt, aber dabei ist es nicht geblieben. Kleine Schrammen, kleine Beulen. Und mich hatte es geärgert mit den Macken, aber ich werde sie nicht ausputzen.


    Ich besitze ein anderes Ding, das nicht Wind und Wetter und meinen Fahrkünsten ausgesetzt ist, und auch das ist nicht im Einser-Zustand der Optik, aber im Einser-Zustand der Funktion. Ein uralter Flügel aus prominenter New Yorker Fertigung, aus prominenten Vorbesitzen, mit einer unglaublichen Typen-Geschichte und einer ebenso unglaublichen Individualgeschichte, bei der mir sogar noch 90 Jahre Geschichte fehlen, die vielleicht auch noch Überraschungen bergen. OK, eins minus, seit letzter Woche hängelt der Dämpfer auf dem sechsten G, der will nicht immer runter, da muss Holgi nochmal bei...


    Diese Geschichte - Sowas kann kein Auto. Nur mal eines - mein Flügel war "Ohrenzeuge" der Abfassung der Balfour-Deklaration, einer frühen Gründungsurkunde des Staates Israel. Stand im Salon des Adjutanten von Lord Arthur Balfour, als man dieses Stück Papier - auch heute noch lesenswert - ausbaldowerte.


    Wenn ich also sehr viel Arbeit aufwende, und auch was Geld, dann mache ich was an alten Klavieren.


    Mein Benz ist eine 126er S-Klasse, einziges Auto, das ich zZt. nutze, also auch – trotz H-Kennzeichen – Alltagswagen. Und er ist ein Umbau, „so“ nicht original. Die Limo 420 SE 3.0 D ist von der Karosse her extrem schick und stylish, die schönste Limo, die ich kenne, und sie ist sparsam mit dem Diesel-Umbau, überaus bequem. Aber sie muss weder im Zustand Eins noch im Zustand zwei sein, es ist mom. ein Dreier.


    Naja, aber mir ist was anderes wichtig. Ich habe ein Einser-Objekt, aber das ist mir im Einser-Zustand doch etwas lästig – eine wunderfeine BMW R 100 RS 1978, damals kurzzeitig das beste Motorrad der Erde. Lästig, weil ich genau weiß, dass sie nicht im Einser-Zustand bleiben wird (wennich sie fahre...) ...(und wenn ich sie nicht fahre, dann auch nit, es dauert dann nur länger, bis sie keine Eins mehr ist..), und das ist teils ärgerlich – zum Einen, weil ich den Zustand bezahlte, zum anderen, weil ich doch merke, wenn er verlustig geht, und das ist schade. War insofern also eine Fehlentscheidung, dieses wundervolle Dingen mir überhaupt eingaragiert zu haben – ich fahre sie weitaus zu selten, damit nicht zu schnell zu viel drankommt – genau das ist aber 100pro kontraproduktiv zum Zweck eines Kraftfahrzeugs.


    Es wäre schon reizvoll, sich selbst einer jahrelangen Prozedur der Geduld und der Arbeit zu unterziehen, aber ich habe das bei einer anderen Sache – die 140 Jahre alte aktuale Klaviertechnik fortzuschreiben. Da sind meine Talente, Möglichkeiten, Zeit und Geld besser aufgehoben als in einer Einser-Restauration einer 126er Limousine.


    Den 126er können Hunderte wieder voll fit machen.


    Das, was es beim Klavier zu tun gibt, können bei weitem nicht so viele.
    ;)
    Man muss sich konzentrieren bei der "dedication", und mein Problem ist, dass ich neben dem uralten Flügel noch zwei weitere derartige, komplett bekloppte und unverständliche Baustellen habe. Da müssen (mir) alte Benze zurückstehen. Es ist nicht so, nur von A nach B zu wollen, aber das muss nicht mit einem Einser geschehen.


    Ich selber würde normalerweise auch niemandem sein restauriertes oder über-restauriertes Fahrzeug schlecht reden wollen. Erstens ist das eh dummes Zeugs, weil, es ist nicht meines, und zweitens jedem Tierchen doch bitte sein Plaisierchen. Was ich z.B. nicht leiden kann, sind verchromte Radlauffummel..., und bei einem W109 gucke ich lieber dreimal hin, ob er auch echt einer ist , oder nachgefummelt... Aber das Dissen, der hässliche Spruch gehört sich nicht. Da ist oft doch wohl der Toitschen Neid ausgerutscht, wenn da einer eine dicke Lippe riskiert, also Faktor Unreife. Weise Männer tun das nicht, und wir sind alle auch keine Club-Sheriffs, deren Job es ist, einen Wettbewerb, den Concours d'Elegance zu bepunkten.


    Dummschnacker, die einem den Wagen miese reden wollen, können also entweder ignoriert werden, oder hart zur Rede gestellt. Meine Wahl. ... Bei der BMW überlege ich mir das immer mal, wenn ich unter der Hohensyburg stehe und es von irgendwelchen dahergelaufenen Hansels einen dummen Spruch gibt.


    Meine Meinung.


    Freundliche Grüße
    Bernd B der BURNT

    In der Theorie verhält sich die Praxis wie die Theorie. In der Praxis tut sie das nicht. (Yogi Berra)


    1. Mittwoch 19h „Junkers Ratshaus“ B1 Soest-Bad Sassendorf, Franz Magner 02941 61142
    1. Mittwoch 19h „Zum Freischütz“ Dortmund-Schwerte B 236 im Stadtwald Schwerte, Jörg Scheele 0172 2322972
    3. Mittwoch 19.30h "RoadStop" Münster Schiffahrter Damm 315, Stephan Schorlemmer 0251 664924
    3. Donnerstag 19h „Jagdhaus“ Mollenkotten 144 Wuppertal, Sebastian Treibholz 0172 6491828

  • Es erstaunt mich immer wieder, wie viel Energie, Emotion, Ernsthaftigkeit und philosophische Tiefe wir für etwas aufbringen, was eigentlich nichts weiter ist als:


    Spielzeug für große Jungs (und vereinzelt Mädels). :D


    Auch (oder besonders!) der über alles erhobene Flügeltürer ist nichts anderes, selbst Einzelstücke mit Historie wie das Uhlenhaut-Coupé oder die Silberpfeile sind letztlich
    keine Artefakte, die die Menschheit im Gesamten weitergebracht hätten oder deren Verluste diese um Wesentliches ärmer machen würde;
    im Gegensatz zu großen Werken aus Literatur, Musik, bildender Kunst.
    Sondern es sind eben nur: Autos.


    Habt Spaß dran, so lange Ihr könnt und wie ihr es gern habt.
    Sich drüber aufzuregen, wie es andere machen, lohnt die Zeit und Energie nicht.
    Da gäbe es wichtigeres...

    Gute Grüße
    Uli


    "Spaltmaße sind überbewertet."

  • Hallo zusammen, es ist schon bemerkenswert wie emotional das Thema ist. Ich erkläre seit Wochen ständig die Jahreszeiten. "Wie kann man den im Winter fahren"! "Bei Regen fährt man so ein Auto nicht. Winter beginnt am 21. Dezember!


    In meiner anderen Leidenschaft - der Fotografie - ist das genauso. Ich besuche viele Workshops und bin immer daran interessiert etwas zu lernen, auszuprobieren und zu gucken, wie ein anderer daran geht.


    Auch hier gibt es ein paar Kollegen die einem Model 12 einzelne Anwendungen für eine einzige Pose geben, die Location genau geplant haben und wissen das um 5:45 Uhr das Licht richtig steht, obwohl sie 6 verschiedene Blitze aufbauen. Sie haben vorher mit der Visagistin Tests gemacht und ein Fitting für den Bikini. Dann machen Sie Belichtungsmessungen und dann ganz konzentriert ein bis zwei Bilder - die sitzen dann auf dem Punkt.


    Andere ziehen mit dem Model um den See, oder die Ruine oder über die Strasse und machen am Tag 1500 Bilder.


    Gelernt habe ich dabei, dass ich keinem mehr traue, der mir erzählen will wie/was richtig ist. Der Weg zu deinem Ergebnis ist dein richtiger Weg. Ich mache es so, du machst es anders. Nur so entsteht ein bunter und vielfältiger Mix aus Bildern die ich gerne sehe.


    Das ist mit den Oldies nicht anders, die Einser bestaune ich, vor allem wenn sie selbst gemacht wurden. Aber auch denen die einfach fahren, gehört mein Respekt. An 8 Jahren in der Scheune, würde ich persönlich verzweifeln, andere an meinen Spaltmassen.


    Leben und leben lassen! Es gibt kein richtig oder falsch, ausser du lässt Dir einen Weg aufzwingen der deiner nicht ist.


    BG Ralf

  • Beides hat doch seine Existenzberechtigung.


    Ich kaufte vor vielen Jahren einen VW Variant von 1964 aus 1. (Lehrer-) Hand. Schlechter Zustand, teilzerlegt.


    Die Restauration sollte in 2 Schritten erfolgen.


    1. Schritt: Technik überholen, Schweißarbeiten, zusammenbauen, fahrbereit machen.


    2. Schritt: wieder auseinandernehmen, Neuteile verbauen (alle Kotflügel und Türen liegen in neu hier), lackieren.


    Schritt 1 hatte ich erledigt, und den Erstbesitzer nochmals zu einer Spazierfahrt besucht - ein toller Nachmittag. Den Mann hatte es nicht die Bohne gestört, dass der Wagen immer noch verbeult war, und ein Kotflügel dunkelgrün (der VW ist blau).


    Den 2. Schritt hatte ich mir aufgehoben, wenn ich etwas Zeit habe. Die habe ich aber in den letzten 15 Jahren nicht gehabt, ständig kommt irgend ein anderes Auto dazwischen (ihr kennt das).


    Dieses Jahr war der Sohn des Erstbesitzers mit seinen Söhnen (also den Enkeln) zu Besuch,und wir machten eine Spritztour. Der Sohn konnte zu jeder Beule ("die hat mein Vater selbst reingefahren, als er die Mülltonne im Hof erwischte, und mir die Schuld gegeben dass die Tonne da stand") was erzählen, und hatte noch viele andere Details parat.


    Das hat mich nun zum Nachdenken gebracht, ob ich Schritt 2 wirklich will...

  • Leben und leben lassen! Es gibt kein richtig oder falsch, ausser du lässt Dir einen Weg aufzwingen der deiner nicht ist.

    Tim Mälzer hat in einer seiner Kochsendungen mal das ungefähr gesagt: Er habe schon einiges so gekocht "wie man es nicht machen darf" und sei noch nicht verhaftet worden...


    Aber mal zur Eingangsfrage der eigenen Meinung: Ich habe einige Jahre immer ein bestimmtes Treffen mit einem Auto angefahren, welches nicht komplett restauriert war. Also alles neu und restauriert. Da fuhren wir immer so 3 Stunden hin. Der Wagen hat so seine optischen Eigenheiten, z.B. zwei alte Bumpersticker auf der etwas matten Chromstoßstange. Am Armaturenbrett konnte man das Alter auch sehen, war aber nicht kaputt oder vergammelt.
    Dann fuhren meine Süße und ich mal mit einem total restaurierten Wagen hin, wo praktisch alles wie neu war. Mag sein wir spinnen, aber es fühlte sich irgendwie "seelenlos" an. Ich finde diese toprestaurierten Autos auch toll aber irgendwie fehlt da was.


    Ich finde: Jeder wie er es mag und die Meinung des anderen tolerieren, wenn er es anders sieht.